Die Entstehung der Stadtgemeinde Hardegg

Burg Hardegg und Wappen der Stadtgemeinde Hardegg

Bis zum Jahr 1968 wurden alle neun Katastralgemeinden der Stadtgemeinde Hardegg als eigenständige Gemeinden, mit eigenem Bürgermeister und Gemeinderat, verwaltet. Im Jahr 1968 haben sich die Gemeinden Pleissing, Waschbach und Heufurth zur Großgemeinde Pleissing zusammengeschlossen. Mit Wirksamkeit 1. Jänner 1969 wurden die Gemeinden Riegersburg, Felling und Mallersbach mit der Gemeinde Pleissing (Pleissing, Waschbach, Heufurth) zur Großgemeinde Riegersburg-Pleissing vereinigt. Am 1. Jänner 1972 wurden dann die Gemeinden Riegersburg-Pleissing, Merkersdorf und Hardegg zur Stadtgemeinde Hardegg zusammengelegt und am 1. Jänner 1975 wurde die Gemeinde Niederfladnitz der Stadtgemeinde Hardegg zugeordnet. 

Seit diesem Zeitpunkt besteht die Stadtgemeinde Hardegg in der heutigen Form, mit neun Katastralgemeinden (bzw. zehn, inkl. der unbewohnten KG Umlauf im Thayatal) und einem Flächenausmaß von 93,27 km². Sie ist somit die flächenmäßig zweitgrößte Gemeinde im Bezirk Hollabrunn.

Durch die Gemeindezusammenlegungen war es möglich, verschiedene Großprojekte zu verwirklichen:

Bereits in den 1970er-Jahren wurde eine gemeindeeigene Wasserleitung errichtet, die nicht nur die Katastralgemeinden der Stadtgemeinde Hardegg mit Trinkwasser versorgt, sondern auch die Nachbargemeinden Weitersfeld (KG Weitersfeld und KG Oberfladnitz) und Retz (KG Hofern) beliefert. Von 1996 bis 2008 wurde das Großprojekt Abwasserentsorgung realisiert, indem vier Kläranlagen und Schmutzwasserkanäle in allen Katastralgemeinden errichtet wurden. Durch einen Zubau bei der Volksschule Pleissing in den 1980er-Jahren wurde die Möglichkeit geschaffen, die volksschulpflichtigen Kinder aller Katastralgemeinden in einer eigenen, vierklassigen Volksschule mit Turnsaal zu unterrichten. Ebenso wurden in Felling und Niederfladnitz NÖ Landeskindergärten installiert, womit alle Kinder einen Kindergartenplatz innerhalb des Gemeindegebietes erhalten haben. Durch einen weiteren Zubau bei der Volksschule Pleissing wurden im Jahr 2013 die beiden Kindergärten aufgelassen und ein neuer, zweigruppiger Kindergarten und somit der "Campus Hardegg" geschaffen, wodurch seit September 2013 alle Kindergarten- und Volksschulkinder den gleichen Standort in Pleissing besuchen. Die notwendige Erweiterung zu einem dreigruppigen Kindergarten wurde im Jahr 2021 abgeschlossen. Bereits in den Jahren 1985 und 2003 wurde durch Zu- und Umbaumaßnahmen neben dem Volksschulgebäude ein geeigneter Unterrichtsort (Zweigstelle der Regionalmusikschule Retzer Land) für die Ausbildung der Musikschüler der Stadtgemeinde Hardegg installiert.

Um die ärztliche Versorgung zu gewährleisten, wurde in Riegersburg bereits 1980 ein Arzthaus für den Gemeindearzt errichtet und 2018 modernisiert. Weiters wurden in Niederfladnitz Räumlichkeiten für eine weitere Arztpraxis zur Verfügung gestellt, die im Jahr 2018 durch einen Neubau samt Nahversorger ersetzt wurde.

Als Gemeindekanzlei diente von 1969 bis 1987 das Amtsgebäude in Heufurth, 1987 wurde der Sitz der Stadtgemeinde nach Pleissing verlegt. Im Jahr 2000 wurde das Stadtamt platztechnisch erweitert und modernisiert, 2016 wurde ein neuer, barrierefreier Eingang als Bürgerservicebereich zugebaut.

  

Die Bürgermeister der Stadtgemeinde Hardegg:

1972 bis 1980: Karl Neuwirth, ÖVP, aus Mallersbach

1980 bis 2008: Norbert Kellner, ÖVP, aus Riegersburg

2008 bis 2019: Mag. Heribert Donnerbauer, ÖVP, aus Merkersdorf

seit 2019: Friedrich Schechtner, ÖVP, aus Niederfladnitz


Zahlen & Fakten zur Stadtgemeinde Hardegg


Streifzug durch die Hardegger Geschichte

Verschiedene archäologische Funde deuten darauf hin, dass das Gemeindegebiet bereits im 3. Jahrtausend vor Christus, also in der Jungsteinzeit, besiedelt war. 1145 n.Chr. wird der Name "Hardegg" erstmals erwähnt, 1290 erfolgte im Kirchenregister erstmals die Stadtnennung, wobei man annimmt, dass das Stadtrecht schon früher vorhanden war. Jedenfalls feierte die Bevölkerung im Jahr 1990 unter Anwesenheit des österreichischen Bundespräsidenten gebührend ihren 700. Geburtstag.

Das heute noch erhaltene Stadtsiegel stammt vermutlich aus dem Jahr 1590. Die Umschrift des Siegels lautet: Sigillum civitatis in Harteck = Siegel der Stadt Hardegg. Das eingeschlossene Wappen wird wie folgt beschrieben: "In einem roten Feld ein silberner auf gleichfarbigem Gestein überhöht in der rechten Schildhälfte stehender zinnenbekrönter, mit offenem Tor versehener Wehrturm, der in der linken unteren Schildhälfte von einem goldenen, rechtsgewendeten, aufspringenden Löwen belegt, begleitet wird." Die aus dem Stadtwappen abgeleiteten Farben der Stadtfahne sind "Rot-Gelb-Blau".

Das Herzstück inmitten der Stadt, auf einem Felsen situiert, ist die mittelalterliche Burg, die im 10. Jhd. als Holzwehranlage errichtet wurde und in mehreren Bauperioden über Jahrhunderte hinweg zu einer typischen Wehr- und Wohnburg ausgebaut wurde. 1160 wurde die Kirche, ab 1220 als Eigenpfarre geführt, mit Karner erbaut und in die Wehrlinie der Burg miteinbezogen. Als strategisch wichtiger Punkt gegen Mähren wurde die Stadt mit ursprünglich 5 Stadttoren rundherum aufgebaut. Nach einigen Herrschern aus verschiedenen königlichen und gräflichen Geschlechtern, erwarb 1730 Reichsgraf Sigmund Graf Khevenhüller die Herrschaft Hardegg und brachte somit das über Jahrhunderte bis in die Gegenwart bestehende Adelsgeschlecht in unsere Gegend. 1764 zogen Erdbeben und ein Großbrand die ganze Stadt, v.a. die Burg, in arge Mitleidenschaft, sodass die Burg über Jahrzehnte hinweg einer Ruine gleichkam. Erst 1878 erteilte der Besitzer, Fürst Johann Carl Khevenhüller-Metsch, den Auftrag zum Wiederaufbau, der jedoch nie ganz abgeschlossen wurde.

Eine weitere Wehrburg, die Feste Kaja, erbaut im 12. Jhd., steht ebenfalls auf einem mächtigen Felsen am Fuße der Thaya nahe der Ortschaft Merkersdorf.

Neben der unter dem Dienst der Herrscher stehenden Bauernschaft entwickelte sich im 16. Jhd. allmählich sonstige handwerkliche Erwerbstätigkeit. Neben Bäcker-, Fleischer- und Müllermeister, Gastwirten, einer Brauerei, Binder, Schuster, Schmied und Pulvermacher sind v.a. die Tuchmacher als Vertreter des blühenden Textilgewerbes im Waldviertel und später dann die Perlmutt-Knopferzeugung als besonderes Standbein für Arbeitsuchende, auch aus Böhmen und Mähren, deren Familiennamen bis heute in der Bevölkerung allgegenwärtig sind, zu nennen. Allmählich entfaltete sich die Stadt zu einem wichtigen Handwerkerzentrum, mit starken Zünften und guten Handelsbeziehungen. Ab 1659 wurde in der Schule durchgehend ein Lehrer angestellt, 1965 wurde die Volksschule stillgelegt.

Durch die weltweite Industrialisierung und den Einzug von Maschinen im Handwerksbereich brachen ab 1850 schlechte Zeiten für die kleinen Handwerksbetriebe an; die erste Abwanderungsperiode setzte ein. Erst um das Jahr 1900 kam wieder Leben in die kleine Stadt. Ein Telegraphenamt wurde errichtet, die Bahnverbindung Retz-Drosendorf wurde gebaut, die Straßenverbindungen verbessert und zweimal täglich verkehrte eine Postkutsche. Und mit diesen Errungenschaften entdeckten viele Großstädter, darunter viele namhafte Künstler bzw. der Erfinder Viktor Kaplan die "Sommerfrische Hardegg".   Plötzlich florierte der Fremdenverkehr, man zählte 30.000 Nächtigungen im Jahr und viele Vereine, z.B. der Männergesangsverein, der Volksbildungs- und der Verschönerungsverein, wurden in dieser Zeit gegründet. Man wollte den willkommenen Gästen an "geselligen Abenden" schließlich etwas bieten. Große Missstimmung gab es nur in den Jahren 1919 und 1920, in denen die tschechische Regierung Annexionsgedanken bezüglich Hardegg hegte. Nach heftigem Widerstand der Ortsbevölkerung und Vorsprache bei der Staatsregierung konnte dieses Vorhaben jedoch erfolgreich abgewendet werden.

In den 1930er-Jahren wurde auch Hardegg von den allgemeinen wirtschaftlichen Turbulenzen mit Konkursen, Arbeitslosigkeit und Verarmung der Bevölkerung erfasst, die schließlich in der Katastrophe des 2. Weltkrieges gipfelten. Durch die Neuordnung der Grenzen und des damit verbundenen Verlaufs des "Eisernen Vorhanges" entlang der Thaya gegen den Ostblock wurde Hardegg sein wichtigstes Einzugsgebiet und damit die Chance auf einen wirtschaftlichen Aufschwung genommen, wodurch die Abwanderung der Bevölkerung zur Großstadtnähe ihren Lauf nahm. Trotzdem nahmen viele beherzte Bürger in der schwierigen Nachkriegszeit mit russischer Besatzung den Aufbau ihrer schönen Heimat in Angriff.

Nach dem Umbruch im Ostblock und der daraus resultierenden Partnerschaft mit der tschechischen Stadt Frain (Vranov nad Dyji) wurde die 1873/74 erbaute Thayabrücke nach Tschechien im Jahre 1990 wieder eröffnet und steht nun Fußgängern und Radfahrern als Grenzübergang zur Verfügung. Durch die Grenzöffnung einerseits und die im Jahr 1993 im Barockschloss Riegersburg durchgeführte NÖ Landesaustellung andererseits konnte der Fremdenverkehr wieder belebt werden. Die wichtigste und größte Einrichtung für den Tourismus stellt jedoch der Nationalpark Thayatal dar, der nach jahrelangen Bemühungen im Jahr 2000 eröffnet werden konnte und nunmehr dafür sorgt, dass viele Gäste das unter Naturschutz stehende Thayatal, die Stadt Hardegg als kleinste Stadt Österreichs und die gesamte Gemeinde mit ihren Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten (Burg Hardegg, Schloss Ruegers (ehem. Schloss Riegersburg), Ruine Kaja, Galerie und Guckkastenmuseum Hardegg, einziger Perlmuttverarbeitungsbetrieb Österreichs, etc.) kennen und schätzen lernen. Allen Wanderern und Radfahrern bietet das Thayatal ideale Voraussetzungen, Sagenumwobenes aus der bewegten Geschichte zu entdecken oder einfach nur die Seele baumeln zu lassen, um einmal so richtig dem Alltagsstress entfliehen zu können.